1. Tierärztliche Bestandsbetreuung von Legehennenbeständen:
wirtschaftliche bedeutsame Krankheiten und Präventionsstrategien
(Silke Rautenschlein, Arne Jung)
1.3 Ökonomisch bedeutsame Krankheiten bei Legehennen
1.3.7 Erkrankungen des Bewegungsapparates
1.3.7 Erkrankungen des Bewegungsapparates
Auch bei den Erkrankungen des Bewegungsapparates kann zwischen nicht-infektiösen und infektiösen Ursachen unterschieden werden. Da die Legehenne zur Eischalenbildung Kalzium benötigt, ist ein adäquater Kalziumgehalt im Futter Voraussetzung für eine gute Legeleistung einer Herde. Ist im Futter zu wenig Kalzium enthalten, stimmt das Kalzium/Phosphor-Verhältniss nicht, kann der Mineralstoff nur unvollständig aufgenommen werden, oder hat die Legehenne einen erhöhten Verbrauch, kann es zu einer Kalziummangelsituation kommen. Hält dieser Zustand über längere Zeit an, ist eine Demineralisierung der Knochen und somit ein vermehrtes Auftreten von Frakturen die Folge. Die Frakturen betreffen häufig die Hintergliedmaßen, aber auch die Wirbelsäule oder das Brustbein. Abhängig von der Lokalisation führen diese Frakturen zur Lahmheit der Tiere. Besonders häufig sind Hennen aus Käfighaltungen betroffen, da die Knochen dieser Tiere durch die eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten eine geringere Stabilität aufweisen (LEYENDECKER et al., 2005).
Auch am Ende einer Legeperiode können vermehrt Frakturen auftreten. Dieses Phänomen wird „Käfigmüdigkeit“ genannt und zeigt, dass der Kalziumstoffwechsel einen sensiblen Faktor in der Legehennenhaltung darstellt. Sind in einer Legehennenherde vermehrt Frakturen zu beobachten, so sollte in jedem Fall der Kalzium- und Phosphorgehalt des Futters kontrolliert werden. Auch auf die Struktur des Futters sollte geachtet werden. Enthält das Legemehl zu viele große Partikel, können die Legehennen möglicherweise zu stark selektieren und nehmen kaum noch Mineralstoffe auf. Auch Durchfallerkrankungen können zu einer verminderten Mineralstoffaufnahme führen.
Als infektiöse Ursachen von Erkrankungen des Bewegungsapparates kommen bakterielle Krankheitserreger wie E. coli, Erysipelothrix rhusiopathiae (Rotlauf), Mykoplasma synoviae, Pasteurella multocida, Staphylokokken und Streptokokken in Betracht. Auch Reoviren (= respiratory enteric orphan virus) können zu Gelenksentzündungen führen. Bei einer Erkrankung der gesamten Legeherde an einer bakteriellen Gelenksentzündung ist eine Antibiotikatherapie anzuraten, die nur nach Erregeridentifizierung und Resistenztestung erfolgen sollte. Für Reoviren sind kommerzielle Impfstoffe erhältlich.
Bei Legehennen kann unter bestimmten Bedingungen verstärkt Fußballendermatitis auftreten. Dies sind Läsionen an den Fußballen, die entzündlich verändert sind und zur Lahmheit der betroffenen Tiere führen. Die Ursachen für das Auftreten dieser Läsionen können ungeeignete Sitzstangen mit scharfen Kanten oder feuchte Einstreu sein. In jedem Fall stellt das gehäufte Auftreten von Fußballendermatitis ein Tierschutzproblem dar und die auslösenden Faktoren müssen identifiziert und beseitigt werden.