2 Legehennen (spezielle Empfehlungen)
2.4 Managementmaßnahmen zur Verminderung der Furchtsamkeit der Hennen vor Menschen (U. Knierim, Ch. Keppler, M. Staack, A. Moesta)
2.4 Managementmaßnahmen zur Verminderung der Furchtsamkeit der Hennen vor Menschen
Furcht vor Menschen kann das Wohlbefinden von landwirtschaftlichen Nutztieren einschränken. So ist es wahrscheinlich, dass die täglich notwendigen Routinearbeiten des Tierbetreuers im Stall bei gegenüber Menschen furchtsamen Tieren wiederholte Stressreaktionen bewirken. GROSS und SIEGEL (1982) vermuten, dass im Mensch-Tier-Kontakt verbrauchte Ressourcen bei der Reaktion auf andere Stressoren oder zur Eierproduktion fehlen. Tatsächlich gibt es Hinweise, dass Furcht vor Menschen bei Legehennen die Effektivität der Immunantwort reduziert und die Legeleistung negativ beeinflusst. Sogar ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Federpicken bei furchtsamen Legehennen erscheint denkbar, da die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Federpicken durch Stress verstärkt wirkt. Die Ergebnisse von NIEBUHR und WAIBLINGER (2007) scheinen diese Hypothese zu bestätigen. Sie zeigten auf Praxisbetrieben einen Zusammenhang zwischen der Ausprägung von Gefiederschäden und der Meidedistanz gegenüber Menschen. Neben diesen Langzeiteffekten, die durch wiederholt auftretenden oder chronischen Stress bedingt sein können, sind auch kurzzeitige Stressreaktionen nachzuweisen. So steigt der Corticosterongehalt bei Hühnern, die mehr Furcht vor Menschen zeigen, nach Handling stärker an als bei weniger furchtsamen Tieren. Auch das Risiko für Panikreaktionen ist höchstwahrscheinlich in furchtsamen Legehennenherden größer. Übermäßiges Fluchtverhalten erhöht die Verletzungsgefahr und kann eine Ursache für die zum Teil sehr hohe Prävalenz von Frakturen bei Legehennen in Nicht-Käfigsystemen sein. GRAML et al. (2007) konnten zeigen, dass nach einer zweiwöchigen verstärkten Beschäftigung mit Legehennen in 500er Gruppen über täglich 30 Minuten in Form von Füttern und Berühren der Hennen sowie Sprechen mit den Tieren eine signifikante Reduzierung der Meidedistanz gegenüber der Kontaktperson im Vergleich zu einer Kontrollgruppe auftrat. Auch GROSS und SIEGEL (1982) erreichten bei Junghennen die oben zitierten positiven Effekte und eine verbesserte Futterverwertung durch eine Kombination aus freundlicher Ansprache und Berührung sowie der Darbietung von Futter während der ersten acht Lebenswochen. Insofern scheint das Streuen von Körnern nicht nur aus Sicht der Beschäftigung der Tiere eine wertvolle Maßnahme zu sein, sondern auch, weil damit höchst wahrscheinlich effektiv die Furcht von Hennen gegenüber dem Menschen reduziert werden kann.